Ferrantes Neapel. Teil 5: Piazza Garibaldi und Piazza Municipio
In unserer Reihe »Ferrantes Neapel« stellen wir mit Fotografien, Zitaten und einem Kommentar wöchentlich einen Ort aus Elena Ferrantes Neapolitanischer Saga vor. Dieser fünfte Teil ist der Piazza Garibaldi und der Piazza Municipio gewidmet, die Lenú mit ihrem Vater besucht:
»Er zeigte mir die Piazza Garibaldi und den im Bau befindlichen Bahnhof. Seinen Worten zufolge war er so modern, dass Japaner extra angereist kamen, um ihn sich anzusehen und dann bei sich zu Hause genau so einen zu bauen, vor allem mit solchen Pfeilern. Doch er gestand mir auch, dass der alte Bahnhof ihm besser gefiel, dass er ihm lieber war. Je nun. Neapel war, sagte er, schon immer so: ›Man holzt ab, man reißt ein und dann baut man neu, das Geld fließt, und für Arbeit ist gesorgt.‹«
© Moritz Müller-Schwefe / Corinne Orlowski
Bauzäune, Kräne, Lärm, auch heute noch ist die Piazza Garibaldi eine einzige Baustelle. Autos stauen sich, weil auf die Ampelschaltung sowieso keiner achtet. Es wird gehupt und geflucht. Solange, bis die Carabinieri kommen und das Chaos zu regeln versuchen. Den modernen Bahnhof findet man übrigens unter der Piazza. Hat man sich an den Geschäften des neuen Shopping Centers vorbei gedrückt, gelangt man zu den Zügen, die Neapel mit der Region verbinden. Mit dem Vesuv zum Beispiel, Pompeji und Sorrent.
»Er zeigte mir, wo er arbeitete, an der Piazza Municipio. Auch hier, sagte er, sei nun alles neu, man habe die Bäume gefällt, alles weggerissen: ›Sieh nur, wie viel Platz hier ist, das einzige Alte ist die Burg, der Maschio Angioino, aber der ist schön, meine Kleine, hier in Neapel gibt es nur zwei richtige Männer, deinen Papà und diesen Burschen hier.‹«
© Moritz Müller-Schwefe / Corinne Orlowski
Die Piazza Municipio muss tatsächlich einmal sehr grün gewesen sein. Das beweisen frühere Bilder. Tritt man heute auf den Platz mit der eindrucksvollen Fontana del Nettuno, erschrickt man angesichts der großen Leere, der Baugruben und -zäune, die sich bis runter an den Hafen und das Castel Nuovo erstrecken.