Die Familien der Neapolitanischen Saga. Teil 6: Die Cappuccios
In dieser Reihe stellen wir wöchentlich eine Familie aus Elena Ferrantes Neapolitanischer Saga Meine geniale Freundin vor. Der sechste Teil ist der Familie Cappuccio gewidmet.
»Melina wohnte im selben Haus wie meine Eltern, wir im zweiten Stock, sie im dritten. Sie war knapp über dreißig und hatte sechs Kinder, aber uns kam sie vor wie eine alte Frau. Ihr Mann war so alt wie sie, er schleppte Kisten auf dem Gemüsemarkt. Ich habe ihn klein und breit in Erinnerung, doch gutaussehend, mit einem stolzen Gesicht.«
Nach dem Tod ihres Mannes muss Melina Cappuccio, eine »schroffe Frau mit einer großen Nase, die Haare bereits grau, die Stimme schrill«, gemeinsam mit ihrer ältesten Tochter Ada Treppenhäuser putzen, um die Familie ernähren zu können: »Mit krummem Rücken begann sie im obersten Stockwerk und wischte mit dem nassen Lappen in der Hand Absatz für Absatz, Stufe für Stufe, mit Kraftaufwand und einem Ungestüm, die weitaus robustere Naturen als sie ausgelaugt hätten. Wenn jemand hinunter- oder hinaufging, zeterte sie lauthals und warf mit dem Lappen nach ihm.«
Zunächst erhält Melina, die im gleichen Haus wie Elena und ihre Familie wohnt und eine entfernte Verwandte von Lila ist, zusätzlich Hilfe von ihrem Nachbarn Donato Sarratore: »[A]ls guter Christ kümmerte er sich sehr um sie, sammelte Geld, gebrauchte Kleidung und Schuhe für sie« und verschafft ihrem ältesten Sohn Antonio, der als »fleißig, diszipliniert, extrem schüchtern« gilt, Arbeit in der Werkstatt eines Bekannten.