Buchpremiere von Meine geniale Freundin in Berlin
Im Rahmen des 16. internationalen literaturfestivals berlin hat Elena Ferrantes Meine geniale Freundin am 15. September die offizielle Buchpremiere im Haus der Berliner Festspiele gefeiert.
Die Lesung zweier Romanausschnitte durch Eva Mattes wurde von einem regen Kritikergespräch begleitet, in dem Dirk Knipphals, Iris Radisch, Moderator Andreas Isenschmid, Maike Albath und Luigi Reitani (v.l.n.r.) über den ersten Teil der Neapel-Tetralogie diskutierten.
Während Maike Albath die von der Literaturkritik gezogene Parallele zu modernen amerikanischen Fernsehserien nicht teilt, in der Neapolitanischen Saga aber ein »großartiges Italienfresko« sieht, das gleichzeitig »uritalienisch« und »universell« ist, glaubt Dirk Knipphals, die Gemeinsamkeiten zwischen Ferrantes Tetralogie und Serien wie den Sopranos in der genauen Ausarbeitung von Details gefunden zu haben.
Der Vorwurf, dass es sich bei der Neapolitanischen Saga um Trivialliteratur handele, wurde vor allem von Iris Radisch und Luigi Reitani abgelehnt. Meine geniale Freundin sei von einer »Einfachheit, die von hoher Kunst ist«, so Radisch. Die »unsentimentale, harte, […] auf den existenziellen Kern reduzierte Sprache« entspreche den Protagonistinnen Lila und Elena. Die Stärke des Romans, so glaubt Reitani, liege darin, dass die Sprache einerseits höchst literarisch, andererseits aber ganz konkret sei.
Das eigentliche Thema der Romane, behauptete Iris Radisch, sei nicht etwa die Frauenfreundschaft, sondern die Suche nach einer weiblichen Identität und die Frage, wie man sich als Frau im 20. Jahrhundert eine Stimme verschaffen könne. Die Anonymität Elena Ferrantes sieht sie analog dazu als »großes weibliches Drama«. Reitani ergänzte die Diskussion um die Frage nach dem Sinn des Bösen in der Welt, die seiner Ansicht nach zentral für die Neapolitanische Saga sei.

(c) Ali Ghandtschi
Begleitet wurde die Veranstaltung von der Aktion Leihen Sie Elena Ferrante Ihre Stimme, bei der insgesamt etwa 70 Besucher kurze Textpassagen aus dem Roman Meine geniale Freundin einlasen. Aus den Aufnahmen wird eine Hörcollage entstehen, die in Kürze hier abrufbar sein wird.